Carespektive Infothek

Unternehmensberatung

Pensionsverpflichtungen - privatwirtschaftlich / öffentlich

Ablösung - Übernahme - Ausgründung

Im Vorfeld von Erwerb, Veräußerung und Ausgründung von Unternehmenteilen ist eine sorgfältige Analyse und Bewertung bestehender Verpflichtungen aus der betrieblichen Altersversorgung erforderlich. Dies betrifft einerseits solche Zusagen von Arbeitgebern + privatwirtschaftlichen Versicherern sowie andererseits Anwartschaften aus öffentlichen + kirchlichen Zusatzversorgungskassen. Die betriebliche Altersversorgung beinhaltet für einen potenziellen Erwerber oder die Partner einer Fusion mit unter erhebliche Risiken. Diese können weder durch einen Blick in die Versorgungsordnung ausreichend geprüft noch durch den Ansatz der ausgewiesenen Pensionsrückstellungen bei der Ermittlung des Kaufpreises wertmäßig einwandfrei abgebildet werden.

Der Umfang von Pensionsverpflichtungen öffentlicher und kirchlicher Zusatzversorgungssysteme dominiert den Handlungsrahmen bei Privatisierung oder Auslagerung von Betriebsteilen.

Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, die tatsächlich übernommenen Verpflichtungen im Einzelnen zu kennen. Nur so können diese wertmäßig in die Planungen eingebracht werden.

Eine eingehende Analyse der Ausgangssituation ist daher unerlässlich; und zwar unabhängig davon, ob ein Versorgungswerk implementiert, restrukturiert oder ob ein Zusatzversorgungssystem besteht.

Privatisierung öffentlicher Einrichtungen- Rahmenbedingungen für die Betriebliche Altersversorgung

Aufgrund der Tarifeinheit im öffentlichen Dienst, die zumindest bis zur Einführung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst vom 13.09.2005 bestanden hat, wurde in den vergangenen Jahrzehnten auch eine einheitliche betriebliche Altersversorgung geschaffen. Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, die für etwa rund 4,5 Mio. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anwendung findet, besteht auf tarifvertraglicher Grundlage und wird bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), 17 kommunalen Zusatzversorgungskassen und zwei Zusatzversorgungseinrichtungen der Sparkassen durchgeführt. Weiterhin bestehen fünf Zusatz-versorgungskassen der evangelischen und katholischen Kirche, die Leistungen nach einem identischen Leistungsplan vermitteln.

Beginnend in der Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts folgten in den weiteren Jahren konsequente Kostensteigerungen zur Finanzierung des im Umlagesystem nach dem Generationenvertrag finanzierten System der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Kostenanteile von bis zu 14 % der zusatz-versorgungspflichtigen Bezüge sowie ein sehr mangelhaft ausgestaltetes System in den Satzungen der Zu-satzversorgungseinrichtungen, das auf Privatisierungsvorgänge nicht angemessen reagieren kann, führen regelmäßig zu schwierig zu entscheiden­den Fragen in rechtlicher, betriebswirtschaftlicher und versorgungs-technischer Hinsicht.

Durch die zunehmende Privatisierung von Teilen der öffentlichen Hand, die entweder durch Eigengesellschaften, deren Gesellschaftsanteile weiterhin durch die öffentliche Hand gehalten werden, oder durch privatisierte Rechtsträger durchgeführt werden, erfordert regelmäßig auch eine Überprüfung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Trotz der zum 01.01.2002 bei einigen Zusatzversorgungskassen eingeführten partiellen Kapitaldeckung reagiert das System der Zusatzversorgungskassen weiterhin nicht angemessen auf organisatorische Veränderung ihrer Mitglieder.

Wie jedes mittelbar durchgeführte System der betrieblichen Altersversorgung ist die Grundlage dieses Ver-sorgungssystems der Arbeitsvertrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach den geltenden tarifvertraglichen Vereinbarungen abgeschlossen haben. Auch bei Arbeitgebern, bei denen oftmals ein sehr geringer ge-werkschaftlicher Organisationsgrad besteht, wird flächendeckend einheitliches Tarifrecht angewendet, weil hier durch die im öffentlichen Dienst typische Bezugnahmeklausel im Interesse des Arbeitgebers einheitliches Arbeitsrecht angewendet wird.

Somit sehen sich die Organisationsträger der öffentlichen Hand und die Entscheidungsgremien regelmäßig vor der Aufgabe, dass auch bei einer organisatorischen Veränderung, z. B. bei der Übertragung einer kommunalen Aufgabe auf eine kommunale Eigengesellschaft oder beim Verkauf der Anteile von derartigen Eigengesellschaften, den Mitarbeitern weiterhin der arbeitsrechtliche Anspruch auf die Verschaffung der Versorgung des öffentlichen Dienstes gesichert werden muss.

Allerdings enthalten die Satzungen der Zusatzversorgungseinrichtungen, die aufgrund der Beteiligungsvereinbarung und der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag für jedes der bestehenden Rechtsverhältnisse Gültigkeit haben, die Vorgabe, dass einheitliches Arbeitsrecht angewendet wird. Oftmals ist es aber Ziel derartiger Privatisierungen, dass das bisher starre Tarifrecht des öffentlichen Dienstes geändert und durch kostengünstigere Systeme ersetzt wird.

Die Folge derartiger Ausgründungsprozesse ist, dass die Zusatzversorgungseinrichtungen oder die Arbeitgeber die Beteiligungsvereinbarungen oder Mitgliedschaften zu den Zusatzversorgungskassen kündigen oder dass bei entsprechenden Betriebsübergängen oder entsprechenden Rechtsvorgängen nach dem Umwandlungsgesetz die Arbeitsverhältnisse mit den privatisierten Organisationseinheiten einzelvertraglich oder im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen neuen Arbeitgeber übergehen, der regelmäßig nicht bei einer Zusatzversorgungseinrichtung Mitglied ist.

Nun sehen die Satzungen der Zusatzversorgungseinrichtungen, die von der Rechtsprechung als Allgemeine Versicherungsbedingungen qualifiziert werden, harte Regelungen vor, die bei einer Beendigung der Beteiligungsvereinbarung oder der Mitgliedschaft eingreifen. Für den Arbeitgeber und für den Arbeitnehmer entsteht zunächst der wirtschaftliche Vorteil, dass ab einem Zeitpunkt, der regelmäßig immer zu Beginn eines Kalenderjahres liegt, sämtliche Pflichten gegenüber der Zusatzversorgungseinrichtung entfallen. Dies sind vor allem die laufenden Zahlungen und die Pflicht des Arbeitgebers, jeden neu eingestellten Mitarbeiter zur Pflichtversicherung anzumelden.

Nachdem es sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bei den Zusatzversorgungskassen um ausschließlich über eine Umlage finanzierte Systeme handelt, wurden die als Umlagen oder sonstige Beiträge eingezahlten Gelder nicht in Kapitalstöcke für spätere Rentenleistungen eingezahlt, sondern dafür verwendet, die Renten an­derer Leistungsempfänger laufend zu finanzieren. Das System, das sich bei einzelnen Zusatzversorgungseinrichtungen etwas unterscheidet, kann deshalb mit der aktuellen Situation der Rentenversicherung verglichen werden.

Zahlen werden in der Regel nicht offen gelegt, dennoch ist bekannt, dass allein bei der größten Zusatzver-sorgungseinrichtung, der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Karlsruhe, Versorgungsleistungen zu erfüllen sind, für die eine Kapitaldeckung in Höhe von etwa 180 Mia. € nicht vorhanden ist.

Nachdem die Zusatzversorgungseinrichtungen aber die bis zum Tag des Ausscheidens des Arbeitgebers entstandenen Versorgungsverpflichtungen grundsätzlich weiterhin erfüllen, muss der ausscheidende Arbeitgeber einen Ausgleich dafür bezahlen, dass er künftig über seine pflichtversicherten Arbeitnehmer keine Umlagen mehr entrichtet. Diese als Gegenwert oder Aus­gleichsbetrag bezeichneten Beträge entsprechen im Wesentlichen den jeweiligen Rentenbarwerten und verhindern im Ergebnis bei vielen Arbeitgebern bereits beschriebene organisatorische Privatisierungsmaßnahmen.

Meist ist der Arbeitgeber wirtschaftlich nicht in der Lage, den durch die bisherigen Verpflichtungen aufgelaufenen Finanzierungsaufwand in einem Betrag zu bezahlen. Oftmals tritt in den Bilanzen der Arbeitgeber auch ein Zustand der Überschuldung ein, der somit zur Insolvenz des Arbeitgebers führen würde. Als Folge davon unterbleiben viele wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen wegen des nicht ausfinanzierten Zustands der Zusatzversorgung. Hinzu kommt noch, dass die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass es sich bei diesen Gegenwertzahlungen um gewissermaßen Schlusszahlungen auf die Umlage handelt, die ebenso wie die Umlage der Besteuerung als Zufluss beim Arbeitnehmer unterliegen sollen.

In der zum 01.01.2005 durch das Alterseinkünftegesetz neu geschaffenen Bestimmung des § 40b Abs. 2 Satz 5 EStG soll dokumentiert werden, dass die Steuerpflicht tatsächlich auch besteht. Die Frage liegt derzeit dem Bundesfinanzhof zur Entscheidung vor, erste Entscheidungen in Parallelfällen deuten allerdings darauf hin, dass der Bundesfinanzhof dieser Auffassung nicht folgen wird. Welche Konsequenzen die Finanzverwaltung aus diesen Entscheidungen ziehen wird, ist gegenwärtig noch offen.

Bei den Arbeitgebern, bei denen die wirtschaftliche Lage so günstig ist, dass sie ein derartiges Privatisierungsmodell auch vollziehen können, stellt sich nun die Frage nach dem ablösenden Versorgungsmodell. In der Praxis, die man durchaus als eingespielt und abgesichert bezeichnen kann, haben sich zwei Varianten für ablösende Versorgungsmodelle entwickelt:

- Eine Variante ist die rückgedeckte Unterstützungskasse, bei der der Arbeitgeber Träger­unternehmen in einer Unterstützungskasse wird, die auf das Leben der Mitarbeiter Le­bensversicherungen abschließt, aus denen später die Rentenzahlungen finanziert werden.

Der Vorteil der Unterstützungskasse liegt in der komplett nachgelagerten Versteuerung, d. h. es fallen während der Zeit der Anwartschaften keine Steuern und Sozialbeiträge an.

- Als Alternative beginnt sich zunehmend die Form einer Direktzusage des Arbeitgebers, bei der zusätzlich über einen betriebsinternen Fonds Versorgungsmittel angesammelt werden, durchzusetzen. Diese Form muss allerdings bilanziell stimmig gestaltet werden und setzt voraus, dass es sich um Kollektive von einer gewissen Größe (mindestens ca. 500 Beschäftigte) handelt.

Eine nicht einfach zu entscheidende Frage ist schließlich der Weg, mit dem das neue Versorgungsmodell arbeitsvertraglich abgesichert werden soll. Soweit der Arbeitgeber dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegt, bietet sich der Weg über eine Betriebsvereinbarung an, die in Fragen der betrieblichen Altersversorgung auch als zulässig angesehen werden kann. Je nach Branche kann auch an den Abschluss eines Haustarifvertrages gedacht werden, der wegen seiner kollektiven Regelungsform natürlich die einfachste Möglichkeit darstellt.

Oftmals scheitert aber ein derartiger Haustarifvertrag am Widerstand der Gewerkschaften, die derartige negative Auswirkungen in den von ihnen mitgesteuerten Solidarsystemen bei der Umlage in der Zusatzversorgung nicht tragen wollen. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Arbeitgebern, die auch einzelvertragliche Maßnahmen durchgesetzt haben.

Wichtig bei derartigen Prozessen ist immer, dass die Belegschaft des Betriebes, der organisatorisch neu gestaltet werden soll, hinter einer derartigen Umstellung steht. Meist ist dies auch zu erreichen, weil die Arbeitnehmer erhebliche Einsparungen ihrer Nettobezüge verzeichnen können, so dass sowohl der Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer als Gewinner zu bezeichnen sind.

(Quelle: Zusammenfassung eines Beitrags in der Zeitschrift "Die Personalvertretung" 2005, S. 204 ff. dar.)

 
 
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